Zuerst erschienen auf: www.mitvergnuegen.com | Datum: 06.08.2017
Romanos Song „Köpenick“ begleitet mich auf der 15-minütigen S-Bahnfahrt in den Süden Berlins. „Guck ma‘ auf den Stadtplan: Berlin rechts unten. Nun ’n kurzer Blick schon hast du’s Paradies gefunden. Ja genau, die grüne Insel direkt am Rand. Hier wollen alle her, komm mit ins Wunderland!“ Ein ganzes Album hat er Köpenick gewidmet und ich bin nun auf der Suche nach Romanos Wunderland. Normalerweise fährt die S3 vom Ostkreuz durch, aber momentan wird überall gebaut und es herrscht Pendelverkehr, das heißt zweimal umsteigen innerhalb von 4 Stationen. An der S-Bahn-Station angekommen sieht man gleich mehrere Hinweise zur Köpenicker Fußballliebe. Also ist mein erster Stopp das Stadion an der alten Försterei.
Das Stadion hat Platz für mehr als 22.000 Zuschauer und ist somit Berlins größtes „reines“ Fußballstadion. Es dient als Heimspielstätte des 1. FC Union Berlin, welcher eine starke und riesige Fangemeinde besitzt. Treue Fans haben sogar bei der letzten Renovierung des Stadions tatkräftig mitgeholfen und seitdem wird man bei Regen nicht mehr nass, da alle vier Tribünen überdacht sind.
Die Bewohner schätzen die Ruhe und die Nähe zum Wasser in Köpenick
In dem kleinen Waldstück neben dem Stadion treffe ich auf zwei ältere Damen, die gerade mit ihren Hunden Gassi gehen. Ich frage sie, was sie denn an Köpenick schön finden. Die Antwort kam prompt und deutlich: „Die Ruhe und die Nähe zum Wasser.“ sagte die Dame mit dem blau gemusterten T-Shirt. „Ruhe ist hier aber auch nur, wenn kein Spiel ist, dann können wir hier nicht mehr spazieren gehen, da ist alles voll“, konterte die Dame mit dem weißen Hemd.
Die Bahnhofstraße ist so, wie man sich eine Bahnhofstraße vorstellt. Spielcasinos, Friseure, Nageldesigner, Bäcker. Alles ein bisschen zwielichtig und alt. Aber mir fällt hier das erste ältere Pärchen auf, das Händchen haltend an mir vorbeigeht. Es soll nicht das letzte gewesen sein in diesen zwei Stunden.
Ich überquere die Spree mithilfe der Dammbrücke. Von hier aus hat man eine tolle und weitläufige Aussicht. Ist man auf der anderen Seite der Brücke angekommen, betritt man Alt-Köpenick und findet natürlich auch die versprochene Freiheit.
Der wohl schönste Gastgarten: Freiheit 15
Mein nächstes Ziel ist dann sogar die Freiheit 15. Köpenicks schönster Gastgarten, direkt am Wasser mit Blick auf die Baumgarteninsel. Hier ist es so wunderschön, dass ich mich auch sehr zusammenreißen muss, um bei den Cocktails und den farbenfrohen Lampions nicht länger als geplant zu bleiben.
Am Uferweg treffe ich auf Uwe. Er wohnt seit 3 Jahren in Köpenick. Wegen der Familie ist er hier hergezogen und würde nie wieder woanders wohnen wollen. Jeden Tag kommt er hier ans Ufer, um Boote und Schiffe zu beobachten und die Enten zu füttern. „Ich hätte gerne ein Häuschen auf der Baumgarteninsel, aber da muss man jemanden kennen oder eins vererbt bekommen und auch ein Boot besitzen, sonst kommt man ja gar nicht hin.“
Meine Neugier zieht mich weiter zum Katzengrabensteg. Aber nicht nur wegen des Namens und meiner Lieblingsfarbe Blau, sondern weil die Brücke über die Baumgarteninsel führt und mich diese geheimnisvolle Insel, die man zu Fuß nicht erreichen kann, irgendwie nicht loslässt. Ich laufe über die Holzbretter der Brücke und schaue runter auf die Insel und erwische mich dabei, wie ich in Gedanken schon Pläne fürs Abseilen mache. Ein Häuschen auf dieser Insel wär‘ wirklich ein Traum, da stimme ich Uwe zu hundert Prozent zu.
Nach dem kurzen Ausflug auf die Brücke, geht es weiter in die Altstadt. Von den Häusern hier stehen die meisten unter Denkmalschutz und wer einmal einen Blick auf sie geworfen hat, der weiß auch warum.
Nach all den schönen Hausfassaden brauche ich wieder ein bisschen Wasser und laufe rüber zum Park Luisenhain. Diese grüne Oase wurde der Stadt 1906 von einem Köpenicker Kaufmann unter der Prämisse geschenkt, dass es eine öffentliche Grünfläche bleiben muss und den Namen seiner verstorbenen Schwester Luise tragen soll. Eine ziemlich machbare Aufgabe.
Das Schloss Köpenick ist das einzige original erhaltene Barockschloss Berlins und der dazugehörige Park ist einfach ein Traum. Man kann am Wasser gemütlich entlang schlendern und hat immer wieder Sitzmöglichkeiten am Wasser oder auf den Bänken im Park.
Der Fischerkietz
Bevor es zu meinem letzten Stop, dem Müggelturm geht, mache ich noch einen kurzen Abstecher in den Fischerkietz. Dieser Teil von Köpenick ist eine fast vollständig erhaltene Fischersiedlung und es gibt kaum ein Haus ohne hübsche maritime Symbole.
Der Müggelturm
Vom Fischerkietz aus laufe ich zur Bushaltestelle des Busses X69, der direkt zum Müggelturm fährt. Am Turm angekommen, sind die zwei Stunden flanieren schon vorbei, aber wer einmal dort angekommen ist, will natürlich auch hoch und eine Zeit lang bleiben. Und das mache ich auch. Ich bestreite die 126 Stufen nach oben und genieße die Freiheit und den Weitblick.
Köpenick ist eine richtige Oase und es überrascht mich nicht, dass Romano so schwärmt in seinem Lied. „Hier gibt’s noch wahre Liebe, jeder hat hier Zeit. Man nimmt sich in den Arm, die Hand rutscht unters Kleid.“ Ich habe tatsächlich noch nie so viele verliebte und Händchen haltende Pärchen gesehen wie hier in Köpenick. Also kann ich Romano mit bestem Gewissen zustimmen: „Komm, komm, komm, komm, komm, komm mit mir nach Köpenick. Es ist nur ’n kleiner Schritt zum großen Glück!“
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